Voll besetzte Schlosshalle bebt vor Begeisterung
Das Benefizkonzert zur Förderung der musikalischen Jugendbildung in Wurmlingen zog Gäste aus der gesamten Region sowie Vertreter der Politik an. Das Ereignis startete bereits am Nachmittag. Die Nachwuchsmusiker aus Wurmlingen waren eingeladen, bei der Einspielprobe einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen. Ein Dutzend Kinder folgte dieser Einladung, bei dem die Vorfreude auf das Konzert noch gesteigert wurde. Die Kinder selbst spielten dann zur Begrüßung der Gäste im Foyer unter der Leitung von Oliver Helbich. Die Schüler der Konzenbergschule, nehmen dort an den Bläserklassen teil und sind somit Mitglieder im Kooperationsorchester. Gegründet wurde die Kooperation vor 10 Jahren, Hauptinitiator war der damalige Dirigent des Musikvereins Eintracht Wurmlingen Andreas Fink.
Mit einer kurzen, aber eindrucksvollen Hymne startete das Landespolizeiorchester Baden-Württemberg den Hauptteil des Konzertabends: Beethovens „Ode an die Freude“. Im direkt folgenden Grußwort des Blasmusikverbandspräsidenten Guido Wolf benannte dieser das Stück kurzerhand in „Fanfare für Vielfalt und Akzeptanz“ um. Er freue sich, daß das Juwel unter den Orchestern in Wurmlingen gastiert. Die Kraft der Musik schaffe es, Menschen über Ländergrenzen hinweg zu verbinden. Im Orchester selbst kommt diese Kraft zum Tragen, denn es sitzen 15 verschiedene Nationen auf der Bühne, um gemeinsam zu musizieren. Vom Chefdirigenten des Landespolizeiorchesters Professor Stefan R. Halder wurde Guido Wolf spontan zum Ansager des nächsten Konzertbeitrags ernannt. Dieser sagte dann die „Polowetzer Tänze“ an. Die Tänze sind Teil der Oper „Fürst Igor“ von Alexander Borodin. Von Mark Hindsley für Blasorchester bearbeitet beginnen die Tänze mit einer zarten Melodie im Holzbläserregister, die Blechbläser schleichen sich beinahe dazu, bevor angetrieben von den Pauken an Tempo zugelegt wird. Kecke Einsätze von Piccolo und Klarinetten geben den orientalischen Touch. Das fünfsätzige Werk wechselt zwischen weichen, fließenden Melodien und drängenden, fast schon bedrohlich wirkenden Phrasen und endet in einem lebendigen Finale. Joachim Raff war ein vergleichsweise unbekannter baden-württembergischer Komponist der Romantik. Leidenschaftlich sprach sich Dirigent Prof. Halder für das Ausgraben alter, heimischer Schätze aus. Ein solcher Schatz wurde mit „Reisebilder“ gefunden und für Blasorchester arrangiert, was zu einer Welturaufführung an diesem Konzertabend in Wurmlingen führte! Die Musik dieser Reise führt durch die Berge, mit allem was dazugehört. Da gibt es den teilweise schwierigen Aufstieg, die gemütliche Herberge mit netten Begegnungen, Bachläufe, Gewitter und den Abstieg. Das Ganze wurde von den knapp 40 Musikern perfekt dargestellt. Holzbläserbetont startet die Reise. Später spielen Horn und Trompete filigrane Melodien, während das tiefe Register Skala für Skala hochklettert. Majestätisch klingt die Aussicht vom Gipfel. Die Piccolo zwitschert beim Abstieg, von der Bergkirche klingen die Röhrenglocken. Dem Arrangeur Matthias Bucher ist es gelungen aus der 10-teiligen Sammlung für Klavier ein großes Werk für Blasorchester zu formen. Alfred Reeds „Armenian Dances“ basiert auf drei armenischen Volksliedern. Das erste Lied berührt durch seinen flehenden Charakter, Lied zwei versöhnt durch seine Leichtigkeit. Das dritte Lied beginnt mit einem schwermütigen ersten Teil und führt dann rasant in immer wieder neu aufbauenden Phrasen zu einem furiosen Finale.
Im Stil der 1940er Jahre ging es mit „Suite of old american dances“ nach der Pause weiter. Robert R. Bennett komponierte das fünfsätzige Werk, von dem das Orchester Satz Eins, Zwei und Fünf präsentierte. Locker und leicht kam der Cake Walk daher, tänzerisch folgte der Schottische, den Schluss machte der freche Rag. Durch alle drei gespielten Teile zog sich wiederkehrend der für die Entstehungszeit typische BigBand-Flair. Mit „Danzon No.2“ von Arturo Marquez kam das Orchester in Lateinamerika an. Mit einem ruhigen Anfangsteil ging es von Takt 1 an ganz klar kubanisch zu. Ruhige und temperamentvolle Passagen wechselten sich ab. Rhythmisch wurde das Orchester von einem 4-köpfigen Schlagzeugregister mit sichtbarer Begeisterung angeführt. Der Klang der Holzbläser, der von Marquez besonders in Szene gesetzt wurde, wurde stellenweise mit Klavier ergänzt und gab dem Stück eine besondere Würze. Als letztes Stück im Programm präsentierte sich das Orchester mit der „Jazz-Suite 12-9-6“, die von Tobias Becker für das Landespolizeiorchester komponiert wurde. Die Suite bot mit einer Coolness der tiefen Register sowie atemberaubenden solistischen Leistungen der Schlagzeuger und des Flötisten alles, was das Musikerherz höherschlagen lässt. In der unausweichlichen Zugabe folgte mit einem Swing eine weitere Gelegenheit für solistische Einlagen. Ein besonderer Kontakt zum Publikum stellte der Flötist her, der während seines Solos locker durch die Halle spazierte. Das nicht weniger beeindruckende Solo des Klarinettisten wurde auf der Bühne dargeboten. Beide Instrumentalisten schienen in einem Wettkampf um die Gunst des Publikums zu stehen und stachelten sich so gegenseitig an. Beim Publikum stand kein Fuß mehr still. Folgerichtig war Standing Ovation die Belohnung für die Höchstleistungen der Musiker an diesem Abend. Dirigent Stefan Halder führte den ganzen Abend selbst durch das Programm. Neben der hohen künstlerischen Qualität des Konzerts ergab sich aus dem Kontakt, den Halder zum Publikum herstellte, die zusätzliche Klasse des Abends. Halder versteht es, dem Publikum auf unterhaltsame Art Vorlesungen zu halten. Trotz der Schwierigkeiten nach zwei Jahren unter erschwerten Bedingungen war seine Botschaft: macht mit der Musik weiter, es lohnt sich. Der Funke der Freude an der Musik ist an diesem Abend wieder entfacht.